Der Urlaub auf dem Planeten Mongo

30.06.2018

Der Urlaub auf dem Planeten Mongo

Es war einmal …

… ein Universum mit vielen Planeten. Auf den Planeten war es üblich, dass man von Zeit zu Zeit mal Urlaub auf einem anderen Planeten macht. Genauso üblich war es, dass man von seinem Urlaub ein paar Fotos mit nach Hause bringt, um sie den daheim gebliebenen Freunden zu zeigen, damit sie einen Eindruck davon bekommen, was man auf seiner Urlaubsreise so alles erlebt hat.

Ein beliebter Urlaubsplanet in diesem Universum war der Planet Mongo. In jedem Reisebüro im Univerum konnte man 70 oder 80 Jahre Mongo all inclusive buchen. Eines Tages kam einmal ein Urlauber vom Planeten Mongo zurück, und weil er ein Humorist und Sozialforscher war, zeigte er seinen Freunden das Bild oben und sagte :

„Dieses Bild zeigt die Herrscherin vom Planeten Mongo und eine Untertanin. Was meint ihr wohl :

Welche ist die Herrscherin und welche ist die Untertanin ?“

Als seine Freunde das Bild sahen, waren sie sofort total begeistert. „Sie ist wirklich von aussergewöhnlicher Anmut und strahlt erhabene Würde aus. Ihre Hose und Jacke bringen ihre tadellose Figur perfekt zur Geltung. Ihr Gesicht und ihr Blick sind voll Milde und Güte. Sie ist sich nicht zu schade, sich zusammen mit einer Untertanin fotografieren zu lassen, die offensichtlich unter einer schweren psychischen Störung leidet. Die Gehirnarreale für die Koordination der oberen Extremitäten und der Gesichtszüge sind bereits stark geschädigt, was sich an der krampfhaften Armhaltung, dem rautenförmigen Spreizen der Finger und dem dämlichen Grinsen zeigt.“

Der Urlauber legte seinen Freunden ein weiteres Bild vor :

„O wie wunderbar ! Die Herrscherin nimmt sich sogar ein Stündchen Zeit, um sich die Sorgen und Nöte einer der untersten ihrer Untertaninnen anzuhören, bevor die Untertanin wieder zurück ins Heim muss. Und was die Herrscherin für wunderschöne Beine hat und was für wunderschöne Schuhe !

Für so eine Herrscherin würde jeder Soldat in der Schlacht mit Freuden sein Leben opfern und jeder Arbeiter würde freiwillig und umsonst Überstunden machen, damit es mit dem Planeten und der Herrscherin vorwärts geht.“ Die Freunde kriegten sich fast nicht mehr ein.

„Sie ist eine Göttin ! Gleich am Montag gehen wir alle ins Reisebüro und buchen 90 Jahre Mongo !

„Gemach, mein lieben Freunde“ sagte der Urlauber. „Nicht die Dame mit der schwarzen Jacke ist die Herrscherin, sondern die Dame mit der hellblauen Jacke. Die Dame mit der schwarzen Jacke ist eine Untertanin, die der Herrscherin mit der blauen Jacke zu Diensten sein muss.“

Da staunten die Freunde und dachten zuerst, der Urlauber möchte sie verarschen, aber er galt als absolut seriöser Informant und Bildreporter. Weil die Freunde auch alle Sozialforscher waren und es immer noch nicht glauben konnten, fragten sie den Urlauber :

„Wie kann das möglich sein ? Handelt es sich bei der Dame mit der hellblauen Jacke um einen Übermongo oder hatte sie mächtige oder magische Waffen zur Verfügung, mit deren Hilfe sie die Herrschaft an sich reissen konnte ?“

„Nein“, sagte der Urlauber. „Sie wurde gewählt.“

„Wenn sie gewählt wurde, heisst das, dass es mindestens einen Gegenkandidaten gegeben hat, der an ihrer Stelle hätte gewählt werden können. Wie wir dich kennen, hast du uns bestimmt Bilder von diesem Kandidaten mitgebracht.“

„Selbstverständlich“ sagte der Urlauber.

Die Freunde waren sich schnell einig, dass die Wahl des Gegenkandidaten nicht wirklich eine Verbesserung dargestellt hätte. Da wurden sie sehr traurig und hatten vor Mitleid mit den Beherrschten auf dem Planeten Mongo Tränen in den Augen, aber sie bekamen langsam eine Ahnung, warum der Planet so heisst wie er eben heisst.

„Das Problem ist nicht die Herrscherin in der Hauptstadt“, sagte der Urlauber. „Das Problem sind die kleinen Herrscher in den Behörden und Amtsstuben. Ohne deren Loyalität wären die grossen Herrscher nicht mal in der Lage, einen Eimer Wasser auszuleeren. Deshalb können auch die kleinen Herrscher machen, was sie wollen, obwohl sie noch unfähiger und unansehnlicher sind als die grossen und nicht mal gewählt wurden. Ohne die Loyalität der grossen Herrscher und der Staatsanwaltschaft wären sie alle schon lange im Gefängnis.“

„Wie wir dich kennen, hast du uns bestimmt ein Bild von so einem kleinen Herrscher mitgebracht“, sagten die Freunde.

„Selbstverständlich“ sagte der Urlauber.

Aber ich werde es euch nicht zeigen. Es ist zu schockierend und der Anblick könnte euch traumatisieren. Ihr ward ja vorhin schon den Tränen nahe.

Da begannen die Freunde, den Urlauber zu bearbeiten, er möge ihnen doch das Bild zeigen. Sie würden was aushalten und wenn es ihnen beim Anblick den Zapfen raushauen würde, dann solle es eben so sein. Und weil sich der Urlauber dann doch der freien Information verpflichtet fühlte und weil er seinen Freunden keine Bitte abschlagen konnte, rückte er letztendlich mit dem Bild raus.

Ein Teil seiner Freunde fiel sofort in Ohnmacht, ein anderer Teil fiel in eine Schockstarre und musste vom Notarzt reanimiert werden. Der Rest begann hemmungslos zu schluchzen und zu weinen. Weil sich das Bild durch die neuen Medien in Windeseile verbreitete, wurde als Präventivmaßnahme im gesamten Universum eine Urlaubssperre verhängt und alle Reisebüros auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann weinen sie noch heute …

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